Konzertreise 2016 nach England und Wales

Tag 1 | Streik

27. Oktober 2016

Was bisher geschah: NICHTS

Pünktlich um 14.30 steht der Chor bereit am Stuttgarter Airport. Bei blauem Himmel und Sonnenschein ist die Vorfreude auf den Flug und die Konzertreise riesig. Nach raschem Check-In wird der Chor in Kleingruppen amorph durch die Sicherheitskontrolle geschleust. Die eine oder andere Kleingruppe schaut noch auf der Besucherterrasse vorbei und beobachtet den regen Flugverkehr nach Aalen. Im Flugzeug begrüßt uns die äußerst freundliche Flugbegleiterin …. – Weckerklingeln – …. die Erinnerung kommt langsam wieder. Noch vor wenigen Stunden waren wir tatsächlich am Flughafen, allerdings nicht um 14.30 Uhr sondern um 22.30 Uhr, und auch nicht der ganze Chor, sondern nur zu viert am völlig überfüllten Eurowings-Schalter. Die Mission: Den Chor auf irgendeine Weise am folgenden Tag nach England zu bringen. Keine Chance, ein UFO kam uns dazwischen.

Flugstatus: Flugnummer 4Uxxxx
Flugstatus: Annulliert

Tag 2 | Ohne Worte

28. Oktober 2016

Was bisher geschah: Immer noch NICHTS

Heute klingelt der Wecker wieder … aber um halb vier Uhr morgens. Um überhaupt noch die Reise durchführen zu können, fiel die Wahl des Transportmittels leider auf den Bus. Pünktlich um 5.15 Uhr, auf Langschläfer kann nicht gewartet werden, treffen wir uns am Chorheim. Um 5.45 Uhr brechen wir nach Britannien auf. Erste Reisestation ist der Fährhafen Calais, von wo aus wir mit dem Schiff der im Meer untergehenden Sonne entgegen nach Dover und von dort, wieder mit dem Bus, direkt nach Cardiff fahren. Die heutigen bedeutenden Auftritte in Oxford mussten leider abgesagt werden – schade – danke Eurowings für die vorbildliche Kundenbetreuung.

Die Hauptsache ist, dass wir heute nach sehr langer Busfahrt England noch entern konnten und in Cardiff angekommen sind. Mit 19 Stunden Reisezeit – mittlerweile ist es Mitternacht Ortszeit – haben wir nebenbei gleich einen ewigen Hymnus-Rekord aufgestellt.

Tag 3 | Der Kuckuck als Frühaufsteher

Samstag, 29. Oktober 2016

Ein wenig ist uns die lange Busfahrt noch anzumerken, als wir morgens aus den Betten steigen, doch dafür werden wir im Youth Hostel sogleich mit einem original English (Welsh?) Breakfast verwöhnt. Damit nicht genug: Auch die Lord Mayor von Cardiff hat für uns im Mansion House Tee, Kaffee, Orangensaft und Kekse bereitgestellt; von der Wand lächelt uns Elizabeth II entgegen.

Als Gäste aus der Partnerstadt Stuttgart dürfen wir uns bei der Bürgermeisterin vorstellen und haben zwei Hymnus-CDs und zwei deutsche Volkslieder mitgebracht.

Nach einigen interessanten Infos über das Mansion House und die Stadt Cardiff erkunden wir letztere in Kleingruppen auf eigene Faust. Am Nachmittag wartet in der Llandaff Cathedral (Eglwys Gadeiriol Llandaf – ja, hier ist alles zweisprachig) die erste musikalische Aufgabe auf uns. Während eine Hälfte des Chores für die musikalische Gestaltung des Morgengottesdienstes am nächsten Tag probt, bereitet sich die andere auf den Evensong vor. Mit Hilfe des Organisten David Thomas lernen wir die ungewohnten Abläufe der anglikanischen Liturgie kennen. Wir dürfen in der Nacht zum zweiten Mal in Folge die Uhren um eine Stunde zurückstellen und freuen uns darauf, umso ausgeschlafener die ersten öffentlichen Auftritte der Reise anzugehen.

Tag 4 | Geteilter Chor ist halber Chor

Sonntag, 30. Oktober 2016

Viel Weihrauch, vier Manuale an der Orgel und eine volle Kirche sorgen für eine festliche Stimmung in der Llandaff Cathedral. Der Hymnus rundet mit seiner perfekt einstudierten Prozession das Bild eines original anglikanischen Gottesdienstes ab. Für einen Protestanten aus dem deutschsprachigen Raum mutet dessen strenge Liturgie mit vielen Beteiligten in bunten zeremoniellen Gewändern erstaunlich katholisch an. Entsprechend der gestrigen Aufteilung gestaltet der erste Teil des Reisechores die morgendliche Eucharistiefeier mit Messegesängen von Seiber und Lotti, während der zweite Teil am Nachmittag mit Stanford und Tavener im Evensong zwei typisch britische Komponisten zur Aufführung bringt. Zwischendurch werden wir im St. Michael’s Center mit typisch englischem Lunch samt reichhaltiger Nachspeise verwöhnt.

Die Youth-Hostel-Übernachtungsgruppe verabschiedet sich mit einem Ständchen vom dortigen Team, bevor es früh ins Bett geht – morgen stehen die Fahrt nach London und der wichtige Auftritt in St. Paul‘s auf dem Programm.

Tag 5 | 0 – 0 – 11 – Das Chorgestühl ist nicht genug

31. Oktober 2016

Nachdem wir bei unseren Auftritten in Cardiff erste Erfahrungen mit der besonderen Atmosphäre und Liturgie des anglikanischen Gottesdienstes sammeln durften, folgt beim heutigen Evensong in der weltberühmten St. Pauls Cathedral in London die Feuerprobe. Der Kirchenbau allein ist schon überwältigend und so ist es für uns Sänger ein ganz besonderer Moment, hier musizieren zu dürfen.

Leider ist das Chorgestühl nicht ganz so groß wie die Kathedrale, nicht mal wie unser Konzertchor. So vermeint man auch aus den ersten Zuhörerreihen einige zarte Töne zu vernehmen. Begleitet werden wir von dem herausragenden ortsansässigen Organisten, der auch unserem Stanford-Magnificat neuen Schwung verleiht. Zusätzlich beeindruckt die große Anzahl an Stimmgabeln, über die unser Vorsänger verfügt.

Nach dem Evensong gibt es noch ein kurzes Treffen zwischen unseren Sängern und einigen angereisten Hymnus-Familien, ehe wir uns auf den Weg ins Hostel machen. Dort können wir im Schlaf die vielen Eindrücke des heutigen Tages verarbeiten.

Tag 6 | Cambridge

1. November 2016

„Heute lassen wir singen.“ (R.J.H.) Denn heute dürfen wir mit dem King’s College Choir aus Cambridge einen der weltbesten Knabenchöre aus nächster Nähe erleben. Früh am Morgen fährt unser Bus uns in die schöne mittelalterliche Universitätsstadt Cambridge.

Im historischen Stadtkern drängen sich Kirchen und Colleges dicht an dicht. Wie einst berühmte Persönlichkeiten wie beispielsweise Sir Isaac Newton und Charles Darwin schlendern wir durch die Straßen und Gassen.

Am Nachmittag dann der große Moment: Ehrfürchtig betreten wir die durch Kerzenlicht erleuchtete Kapelle des King’s College und nehmen direkt neben dem Chorgestühl Platz, wo wir vom Leiter des Chores, Stephen Cleobury, freundlich begrüßt werden. Ganz exklusiv dürfen wir zunächst der einstündigen Chorprobe zuhören, um dann am öffentlichen „Sung Eucharist“ teilzunehmen. Die Knaben des „King’s“ sind so alt wie unsere Knaben und machen unter anderem mit einer Messe von Widor den Gottesdienst zu einem höchst beeindruckenden Erlebnis.

Tag 7 | Die Queen ist zuhause

2. November 2016

Wir schweben über der Themse. Das erste Mal, seitdem wir hier sind, sehen wir blauen Himmel und eine strahlende Sonne. Unser Reiseplan gönnt uns einen kompletten halben freien Tag, an dem wir in Kleingruppen durch London eilen, um so viele Sehenswürdigkeiten wie möglich zu besuchen. Zum Glück wurden schon im Voraus Underground-Tickets gekauft, sodass man schnell an jeden Platz in London gelangt. Beeindruckend sind die labyrinthartigen Undergroundstationen, mit ihren engen Tunneln und den vielen Treppen.

Hoch im Kurs steht natürlich der Tower of London inklusive Tower Bridge. In den Boden der Fußgängerbrücken, die die beiden Türme der Tower Bridge hoch über der Themse und der darunter liegenden Autobrücke verbinden, ist ein Glasboden eingelassen. So können die einzelnen Kleingruppen wie anfangs beschrieben über der Themse schweben. Das Betreten des Glasbodens kostet zwar Überwindung, bietet aber die Chance auf viele kreative Fotos.

Obligatorisch ist natürlich auch der Besuch von Buckingham Palace, inklusive St.James´s Park, sowie Westminster Abbey und Westminster Palace mit Big Ben. Es gibt aber auch Gruppen, die lieber zum Oxford oder Piccadilly Circus gehen und dort ihre neue Winterkollektion zusammenstellen.

Nach ausgiebiger Erkundung der Stadt ziehen wir uns im Hostel um und steigen in den Bus Richtung Croydon. Hier gestalten wir in der Konzerthalle der Trinity School gemeinsam mit dem dortigen Knabenchor, der erst am vorherigen Tag von einer Konzertreise aus China zurückgekehrt ist, ein Konzert. Die ersten zwei Drittel übernehmen wir, das letzte die Sänger aus Croydon. Während der HYMNUS sein kirchenmusikalisches Repertoire mit Stücken von Brahms, Schütz und Tavener präsentiert, singen die Jungs der Trinity School hauptsächlich Jazzmusik, wie die Songs of Innocence von Bob Chilcott.

Nach dem Konzert gibt es als Belohnung für die jeweils konzentrierten und engagierten Auftritte „Ice Lollies“ für alle Sänger.

Tag 8 | Harry Potter Cathedral

3. November 2016

Unser letzter Morgen in London bricht an. Pünktlich um 9.30 Uhr fährt der Bus in Richtung Gloucester am Hostel ab. Für die Harry-Potter-Fans unter uns ein Highlight, denn hier wurden viele Szenen der Harry-Potter-Filme gedreht. Bei nebligem Wetter geht es also fast vier Stunden über die Autobahn in Richtung Westen.

Nach dem Ankommen wird erst mal der berühmte Kreuzgang der Kirche besichtigt. Die vielen gotischen Verzierungen geben einem wirklich das Gefühl, im geheimnisvollen Hogwarts zu sein. Nach der Besichtigung bleibt sogar noch etwas Zeit, in einem der kleinen gemütlichen Cafés in der kleinen Altstadt von Gloucester eine heiße Schokolade zu trinken und einen leckeren Schoko-Cookie zu genießen.

Heute steht nicht nur die Besichtigung der Kathedrale auf dem Programm, sondern auch ein letzter Auftritt, und zwar wieder der liebgewonnene “Evensong”. Das Besondere am heutigen Auftritt ist, dass wir zusammen mit dem “Youth Choir” der Kathedrale singen. Abwechselnd werden wir von Adrian Partington, Director of Music, und Herrn Homburg dirigiert. Beim Dämmerlicht der Kathedrale, der wahnsinnigen Kulisse und dem gewaltigen, verschmelzenden Klang der beiden Chöre bekommt man eine Gänsehaut. Zum Nachspiel improvisiert der Organist uns zu Ehren über die deutsche Nationalhymne. Ein sehr schöner und gelungener musikalischer Abschluss unserer Konzertreise, der uns in Erinnerung bleiben wird.

Vorbei ist der heutige Tag aber noch nicht. Der Chor muss noch in das knapp eine Stunde entfernte St. Briavels. Hier verbringen wir unsere letzte Nacht in England. Die Jugendherberge befindet sich in einer alten Burganlage inmitten eines kleinen Dorfes an der Grenze zu Wales. In den Zimmern knarzt der Boden und die blanke Burgmauer ist fast überall zu sehen. In dieser Nacht lässt es sich besonders gut von Harry Potter träumen. Ein letztes Abenteuer also, bevor wir morgen nach Hause fliegen.

Tag 9 | Ende gut, alles gut

4. November 2016

Schnell ging die Konzertreise vorbei, denken wir uns, als wir früh am Morgen in unserer “HYMNUS-Burg” in St. Briavels aufwachen. Noch steht eine lange Busfahrt zum Flughafen nach London auf dem Programm. Mit einem kleinen Umweg über Wales und die alte Severn Bridge geht es auf der M4 Richtung Hauptstadt. Auf der knapp fünfstündigen Fahrt denkt man zurück an viele schöne Momente, die besonderen Auftritte in den schönen Kirchen und den Besuch in Cambridge. Trotz Startschwierigkeiten war es wieder eine Reise mit ganz neuen Eindrücken und Erfahrungen für uns.

Unser Airbus A319 mit der Kennung D-AKNO bringt uns in einer Stunde und neun Minuten sicher zurück nach Stuttgart. Am Gebäckausgabeband singen wir zum Abschied noch “Verleih uns Frieden” von Schütz. Nach dem letzten Ton bekommen wir Applaus von anderen Fluggästen, Grenzschutz- und Polizeibeamten und den wartenden Eltern. Jetzt heißt es verabschieden. Nach neun Tagen ist man immerhin zu einer kleinen Familie zusammengewachsen. Den “echten” Familien fallen die Jungs dann trotzdem glücklich und etwas erschöpft in die Arme.


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